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Brief für Unternehmer- und Freiberufler des Monats März 2011


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Insolvenzrecht: Fortsetzung einer GmbH nach Schlussverteilung nicht möglich

2.

EU-Kommission: Sanierungsklausel ist europarechtswidrig

3.

Weiternutzung des Dienstwagens bei Arbeitsunfähigkeit?

4.

Rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit

5.

Weniger Urlaub für jüngere Arbeitnehmer ist diskriminierend

6.

Auskunftsanspruch gegen Finanzamt zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage

7.

Voraussichtlich dauernde Wertminderung als Voraussetzung einer Teilwertabschreibung

8.

ebay-Verkäufern droht die Umsatzsteuer

9.

BMF zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft ab 2011

10.

Verpflegung bei Seminaren ist nicht steuerfrei

11.

Einmal die gesamte Kanzlei beauftragt heißt immer beauftragt?

12.

Portfolioverwaltung - EuGH entscheidet über Steuerbefreiung

13.

Rückzahlung von Weiterbildungskosten

14.

Keine Eigenbedarfskündigung durch Personenhandelsgesellschaft

15.

Gebäudeherstellungsverpflichtung ist keine Gegenleistung für Erbbaurecht

16.

Anforderung an den Ergebnisabführungsvertrag bei ertragsteuerlicher Organschaft

17.

Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

18.

Ausgleichspflichtige Unternehmervorteile beim Handelsvertretervertrag

19.

Board of directors-Mitglieder sind nicht versicherungsfrei

20.

Missbrauch von Bonuspunkten rechtfertigt keine Kündigung

21.

Teilzeitbeschäftigte müssen nicht zwingend nachmittags arbeiten

22.

Bezeichnung des Arbeitgebers als Nazi rechtfertigt fristlose Kündigung

23.

Kein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an ausländische Gesellschafter



1. Insolvenzrecht: Fortsetzung einer GmbH nach Schlussverteilung nicht möglich

Kernaussage
 Nach der Schlussverteilung im Insolvenzverfahren ist eine Fortsetzung einer GmbH nicht mehr möglich, selbst wenn die Gesellschaft im Handelsregister noch nicht gelöscht ist.

Sachverhalt
 Der Alleingesellschafter einer in Auflösung befindlichen GmbH hatte beschlossen, die Gesellschaft fortzusetzen. Zudem sollten das Stammkapital um 25.000 EUR erhöht, die Firma geändert, der Sitz verlegt und der Unternehmensgegenstand geändert werden. Über das Vermögen der GmbH war zuvor das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Nach Beendigung der Schlussverteilung wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. Das Registergericht versagte die begehrten Eintragungen, weshalb die GmbH Beschwerde einlegte.

Entscheidung
 Die Beschwerde war unbegründet. Nach der Schlussverteilung im Insolvenzverfahren (§ 200 InsO) ist eine Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft ausgeschlossen. Grundsätzlich ist die Fortsetzung einer durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten GmbH nur zulässig bei Einstellung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Schuldners oder der Bestätigung eines Insolvenzplanes (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG). Zudem muss der Beschluss über die Fortsetzung vor Beginn der Vermögensverteilung getroffen werden (§ 274 Abs. 1 Satz 1 AktG analog). Die Zäsur der Vermögensverteilung ist so bedeutsam und erweckt den Anschein der Beendigung, dass die Fortsetzung durch schlichten Gesellschafterbeschluss ohne die bei einer wirtschaftlichen Neugründung erforderliche Registerkontrolle (§§ 7, 8 GmbHG) nicht möglich ist. Unerheblich ist, dass die Löschung der Gesellschaft noch nicht vollzogen ist.

Konsequenz
 Das Bedürfnis, eine Fortsetzung im vorliegenden Fall zuzulassen, bestand nicht. Die Gläubiger, deren Forderungen im Insolvenzverfahren unbefriedigt geblieben sind, können ihre Ansprüche aus dem Vermögen der Gesellschaft, insbesondere aus dem neu eingezahlten Stammkapital, befriedigen. Dadurch ist das Stammkapital von Anfang an angegriffen und ggf. besteht sogleich Insolvenzreife.

2. EU-Kommission: Sanierungsklausel ist europarechtswidrig

Kernproblem
 Werden innerhalb von 5 Jahren mehr als 50 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft an einen Erwerber übertragen, gehen die Verlustvorträge der Kapitalgesellschaft grundsätzlich vollständig unter, es sei denn, eine der im deutschen Körperschaftsteuergesetz genannten Ausnahmetatbestände (Konzernklausel, Stille-Reserven-Klausel, Sanierungsklausel) ist erfüllt. Die Sanierungsklausel ist anwendbar, wenn ein grundsätzlich schädlicher Anteilseignerwechsel die Sanierung des Geschäftsbetriebs bezweckt. Eine Sanierung ist dabei eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten. Ob die Sanierungsklausel eine europarechtswidrige staatliche Beihilfe darstellt, war Gegenstand eines Anfang 2010 eingeleiteten förmlichen Prüfverfahrens der EU-Kommission.

Entscheidung der EU-Kommission
 Am 26.1.2011 hat die EU-Kommission entschieden, dass die sogenannte Sanierungsklausel im deutschen Unternehmenssteuerrecht, die es wirtschaftlich schlecht dastehenden Unternehmen trotz Eigentümerwechsels ermöglicht, Verluste gegen zukünftige Gewinne zu verrechnen, als (europarechtswidrige) staatliche Beihilfe anzusehen ist. Die Entscheidung begründet die Kommission damit, dass die Klausel vom allgemeinen Prinzip im Unternehmenssteuerrecht Deutschlands und anderer Länder abweiche, welches einen Verlustvortrag genau dann verhindert, wenn bei dem betroffenen Unternehmen ein maßgeblicher Eigentümerwechsel stattfindet. Die Sanierungsklausel bevorzuge wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen gegenüber finanziell gesunden Unternehmen, die auch Verluste erleiden, diese aber bei einem maßgeblichen Eigentümerwechsel nicht verrechnen können. Die Bestimmung führe daher zu wettbewerbsverzerrenden finanziellen Vorteilen in Form von Steuervorteilen.

Konsequenzen
 Die Sanierungsklausel, die im Juli 2009 vom deutschen Gesetzgeber verabschiedet wurde, war rückwirkend ab dem 1.1.2008 anzuwenden. Das von der EU-Kommission ausgesprochene Beihilfeverbot soll ebenfalls bereits für die Vergangenheit gelten. Infolgedessen hat die Kommission Deutschland angewiesen, jegliche Beihilfe, die unter der Sanierungsklausel ab dem 1.1.2008 gewährt wurde, zurückzufordern. Deutschland wurde eine Frist von 2 Monaten gesetzt, um der Kommission eine Liste der Begünstigten zu übermitteln und sie über den Gesamtbetrag an zurückzufordernden Beihilfen zu informieren.

3. Weiternutzung des Dienstwagens bei Arbeitsunfähigkeit?

Einführung
 Führungskräften und Mitarbeitern, die beruflich auf ein Fahrzeug angewiesen sind, wird oft ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, der auch privat genutzt werden darf. Hierbei sind nicht nur steuerrechtliche Vor- und Nachteile zu beachten. Denn die Gebrauchsüberlassung eines Pkw zur privaten Nutzung ist Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts.

Sachverhalt
 Der Kläger ist bei der Beklagten als Bauleiter beschäftigt. Der Arbeitgeber stellte ihm arbeitsvertraglich für seine Tätigkeit einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Der Kläger war längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungsanspruchs von 6 Wochen gab der Kläger auf Verlangen der Beklagten seinen Dienstwagen zurück. Erst nach Wiederaufnahme der Arbeit überließ der Arbeitgeber dem Kläger wieder einen Pkw zur privaten Nutzung. Der Kläger hat mit seiner Klage erfolglos eine Nutzungsausfallentschädigung gegen seinen Arbeitgeber für den Zeitraum ohne Dienstwagen geltend gemacht.

Entscheidung
 Das Bundesarbeitsgericht führt in seiner Entscheidung aus, dass die Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber zur privaten Nutzung einen geldwerten Vorteil und Sachbezug darstellt. Der Arbeitnehmer könne nach den Vorschriften des BGB (hier: §§ 275 Abs. 1, 280 Abs. 1 Satz 1, 823 Satz 1 BGB) Nutzungsausfallentschädigung in Höhe der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit verlangen, wenn ihm der Arbeitgeber das Fahrzeug vertragswidrig entziehe. Die Gebrauchsüberlassung eines Pkw zur privaten Nutzung sei aber eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Sie sei steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit Teil der Arbeitsvergütung. Damit sei sie regelmäßig nur so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber überhaupt Arbeitsentgelt schulde. Das sei für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, für die keine Entgeltfortzahlungspflicht mehr nach bestehe (§ 3 Abs. 1 EFZG), nicht der Fall.

Konsequenz
 Arbeitgeber sollten grundsätzlich mit ihren Mitarbeitern eine Dienstwagenregelung schriftlich abschließen. Gegenstand einer solchen Vereinbarung sollte auch die Möglichkeit eines Widerrufs der Erlaubnis zur privaten Nutzung sein. Hierfür gelten allerdings strenge Anforderungen. Denn ein jederzeitiger Widerruf und ein Widerruf aus wirtschaftlichen Gründen sind unwirksam.

4. Rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit

Kernproblem
 Wird den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen nicht Genüge getan, droht die Aberkennung der Gemeinnützigkeit; regelmäßig aber nur für den Zeitraum des Verstoßes. Allein bei einem Verstoß gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung werden die letzten 10 Jahre nachversteuert (§ 61 Abs. 3 AO). Fraglich ist, ob auch andere schwerwiegende Verstöße die Anwendung der 10-jährigen Rückwirkung auslösen können.

Sachverhalt
 Die Anteile an einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH) wurden an eine andere gGmbH veräußert. Der notariell vereinbarte Kaufpreis wurde entrichtet. Darüber hinaus sah es das Finanzamt als erwiesen an, dass der tatsächliche höhere Kaufpreis über einen zu hoch dotierten Anstellungsvertrag sowie eine üppige Abfindungsregelung zur Auflösung desselben geflossen ist.

Entscheidung
 Der BFH teilt die Auffassung des Finanzamts. So darf ein Gesellschafter maximal seine eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert seiner geleisteten Sacheinlage zurückerhalten. Im vorliegenden Fall sei dieses Gebot durch die gewählte Konstruktion umgangen worden. Die erworbene gGmbH hat den Kaufpreis verdeckt an die erwerbende gGmbH ausgeschüttet. Diese Ausschüttung ist aber nicht von § 58 Nr. 2 AO gedeckt. Danach wird die Steuerbegünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Mittel teilweise einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken zuwendet. Aufgrund der Zahlung an die steuerpflichtigen Ursprungsgesellschafter wurden die Mittel nicht zu steuerbegünstigten Zwecken verwendet.

Konsequenzen
 Im vorliegenden Fall ist die satzungsmäßige Vermögensbindung nicht verändert worden. Gleichwohl wurde diese über den gewählten Zahlungsweg ad absurdum geführt. Die gGmbH hat dadurch ihren aus der gemeinnützigen Tätigkeit erzielten Gewinn überwiegend verdeckt an ihre Ursprungsgesellschafter ausgeschüttet. Damit liegt eine so gewichtige Abkehr von gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsätzen vor, dass eine Anwendung der 10-jährigen rückwirkenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit vom BFH als zulässig erachtet wird. Diesem ist im Ergebnis zuzustimmen.

5. Weniger Urlaub für jüngere Arbeitnehmer ist diskriminierend

Kernfrage
 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet unter anderem die Diskriminierung aus Altersgründen, wenn kein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt. Erste arbeitsrechtliche Kernregelung, die dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zum Opfer gefallen ist, war die Regelung, dass bei der Bestimmung der gesetzlichen Kündigungsfrist Betriebszugehörigkeitszeiten vor dem 25. Lebensjahr nicht mitgerechnet wurden. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat nunmehr zu der Frage entschieden, ob altersabhängige Urlaubsansprüche zulässig sein können.

Sachverhalt
 Die 24-jährige Klägerin ist Einzelhandelskauffrau bei einer Einzelhandelskette. Ihr standen laut Tarifvertrag aus Altersgründen nur 34 Urlaubstage anstelle von 36 Urlaubstagen, die vergleichbaren, lediglich älteren Arbeitnehmern gewährt wurden, zu. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage hatte sie vor dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht Erfolg.

Entscheidung
 Das Gericht sprach der Klägerin den nach Tarifvertrag höchsten Urlaubsanspruch zu, weil eine Altersdiskriminierung vorliege. Ein sachlicher Grund, Arbeitnehmer allein altersbedingt im Hinblick auf den Urlaub ungleich zu behandeln, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch das vom beklagten Arbeitgeber vorgetragene Argument, die Urlaubsregelung diene auch dazu, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, könne kein legitimes Ziel der Regelung rechtfertigen.

Konsequenz
 Die Entscheidung ist konsequent, allerdings hat das Gericht die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Das Urteil bedeutet, dass im Zweifel der höhere Urlaubsanspruch auch für jüngere Arbeitnehmer mit gleicher Tätigkeit gilt. Dies gilt insbesondere für Urlaubsansprüche, die durch Tarifverträge geregelt sind.

6. Auskunftsanspruch gegen Finanzamt zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage

Kernproblem
 Auch gemeinnützige Organisationen können z. B. beim Krankentransport oder den Pflegebereichen im Wettbewerb mit gewerblichen Anbietern stehen. In diesen Fällen kann es ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, wenn man seine Leistungen zum ermäßigten statt zum vollen Steuersatz anbieten kann. Die gewerblichen Anbieter können die Richtigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes der gemeinnützigen Organisation durch eine Konkurrentenklage überprüfen lassen. Hierzu ist das Wissen über den angewendeten Umsatzsteuersatz der gemeinnützigen Organisation notwendig.

Sachverhalt
 Das klagende Unternehmen betreibt den gewerblichen Transport von Blutkonserven, Blutproben u. ä. Nach klägerischer Ansicht würde ein gemeinnütziger Verein vergleichbare Leistungen lediglich mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz in Rechnung stellen. Hierin sah die Klägerin eine Wettbewerbsverzerrung und verlangte vom beklagten Finanzamt Auskunft über die Besteuerung der Vereins-Umsätze zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage. Das Finanzamt lehnte dies unter Verweis auf das Steuergeheimnis ab.

Entscheidung
 Das Finanzgericht Münster bejaht den Auskunftsanspruch unter 2 Voraussetzungen, die vom Anfragenden glaubhaft darzulegen sind (und im vorliegenden Fall auch dargelegt werden konnten): Zum einen, dass er durch eine aufgrund von Tatsachen zu vermutende oder zumindest nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließende unzutreffende Besteuerung eines Konkurrenten konkret belegbare Wettbewerbsnachteile erleidet. Zum anderen, dass er gegen die Steuerbehörde mit Aussicht auf Erfolg eine Konkurrentenklage erheben kann.

Konsequenzen
 Die Entscheidung des Finanzgerichts Münsters steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Sachen Konkurrentenklage. Durch steuerliche Begünstigungen soll bzw. darf der Wettbewerb nicht beeinträchtigt werden. Über die zugelassene Revision wird voraussichtlich das letzte Wort beim Bundesfinanzhof (BFH) liegen.

7. Voraussichtlich dauernde Wertminderung als Voraussetzung einer Teilwertabschreibung

Kernaussage
 Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann dann angenommen werden, wenn der Teilwert zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Buchwert liegt. Diese Auffassung der Finanzverwaltung wurde jetzt vom Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt.

Sachverhalt
 Die klagende GmbH & Co. KG hatte auf in ihrem Anlagevermögen befindliche Eigentumswohnungen Teilwertabschreibungen mit der Begründung vorgenommen, dass die Wohnungen vor Bilanzaufstellung mit Verlust veräußert worden waren. Das beklagte Finanzamt erkannte die Teilwertabschreibung im Zuge einer "betriebsnahen Veranlagung" nicht an. Finanzgericht und Bundesfinanzhof teilten die Ansicht des Finanzamts, dass ein realisierter Veräußerungsverlust keine wertaufhellende Tatsache darstellen kann.

Entscheidung
 Der BFH sieht in dem vor Bilanzerstellung eingetretenen Veräußerungsverlust keine wertaufhellende Tatsache und verweist insbesondere auf die vom Bundesfinanzministerium (BMF) definierte Voraussetzung für eine Teilwertabschreibung. Dem in Kauf genommenen Veräußerungsverlust sei keine Aussagekraft über die voraussichtlich dauernde Wertminderung im ganzen Restnutzungszeitraum beizumessen. Auch der Verweis auf die Marktsituation für so genannte Ost-Immobilien kann keine andere Entscheidung herbeiführen, da er ebenfalls keinen Beweis für das Vorliegen der Voraussetzung für eine Teilwertabschreibung gemäß der Auffassung des BMF liefere. Vielmehr bedarf der Nachweis des nachhaltig gesunkenen Teilwertes einer an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichteten Prognose.

Dass die Grundsätze des BMF für die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung auch für Immobilien gelten, hat der BFH mit seinem Urteil klargestellt. Dem Argument eines bereits realisierten Veräußerungsverlustes nach Bilanzstichtag und vor Bilanzaufstellung wird keinerlei Bedeutung beigemessen. Dieses ist allenfalls für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Betracht zu ziehen.

8. ebay-Verkäufern droht die Umsatzsteuer

Kernaussage
 Privatpersonen, die über ebay Gegenstände veräußern, kommen in der Regel nicht auf die Idee, die erzielten Einnahmen der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Dies dürfte für gelegentliche Verkäufe zutreffen, mit zunehmender Zahl von Verkäufen steigt jedoch auch das Risiko, steuerlich erfasst zu werden.

Sachverhalt
 Ein Ehepaar veräußerte zwischen 2001 und 2005 ca. 1200 Gegenstände, die sie diversen Produktgruppen zugeordnet hatten (z. B. Märklin, Steiff, Sigikid etc.). Die Einnahmen aus diesen Veräußerungen stiegen stetig an und erreichten in 2005 ca. 35.000 EUR. Das Ehepaar erfasste die Einnahmen weder in der Einkommensteuererklärung noch umsatzsteuerlich. Durch Anzeige eines Dritten wurde die Steuerfahndung auf das Ehepaar aufmerksam. Aufgrund der Fahndungsergebnisse unterwarf das Finanzamt sämtliche Einnahmen der Umsatzsteuer. Hiergegen wendete sich das Ehepaar mit dem Argument, lediglich private Sammlungen veräußert zu haben. Diese seien nicht in der Absicht der Wiederveräußerung angeschafft worden, so dass kein gewerbsmäßiges Handeln vorliege.

Entscheidung
 Das FG Baden-Württemberg kommt zu dem Ergebnis, dass das Ehepaar nachhaltig mit der Absicht tätig war, Einnahmen zu erzielen. Die Einnahmen unterliegen somit der Umsatzsteuer. Das FG begründet dies mit der hohen Anzahl der Verkäufe (ca. 7 Transaktionen wöchentlich) sowie der Höhe der Einnahmen, die oberhalb der Grenze für Kleinunternehmer (17.500 EUR) lagen. Dass der Einkauf der Gegenstände nicht in der Absicht erfolgte, diese zu veräußern, war nach Ansicht des Gerichtes zumindest im vorliegenden Fall unerheblich.

Konsequenzen
 Wer umfangreich über ebay oder ähnliche Internet-Plattformen handelt, sollte sich der steuerlichen Konsequenzen bewusst sein. Die Finanzbehörden versuchen schon seit längerem, Internethändlern auf die Spur zu kommen. Auch neigt die gewerbliche Konkurrenz dazu, auffälliges Verhalten anzuzeigen. Solange die Kleinunternehmergrenze nicht überschritten wird, bleibt dies zumindest für die Umsatzsteuer ohne Folgen. Zu beachten ist, dass der Verkauf einer privaten Sammlung im Regelfall nicht der Umsatzsteuer unterliegt, sofern diese den Abschluss der Sammlertätigkeit bildet. Das FG sah dies jedoch im vorliegenden Fall nicht als gegeben an, da das Ehepaar zahlreiche "Sammlungen" mit erheblichem Aufwand veräußerte.

9. BMF zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft ab 2011

Kernaussage
 Durch das Jahressteuergesetz 2010 wurde die Umkehr der Steuerschuldnerschaft ausgeweitet, u. a. auf Gebäudereiniger und Schrotthändler. Während die Lieferung des in Anlage 3 zum UStG definierten Schrotts immer zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft führt, sind Gebäudereinigungsleistungen nur dann hiervon betroffen, wenn sie gegenüber Gebäudereinigungsunternehmen erbracht werden.

Neue Verwaltungsanweisung
 Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zur Neuregelung Stellung genommen. Schrotthandel: Das Schreiben führt aus, was als Schrott im Sinne der Anlage 3 zum UStG zu behandeln ist. Nur die Lieferung dieses Schrotts unterliegt der Umkehr der Steuerschuldnerschaft. Haben der Lieferer bzw. dessen Kunde Zweifel, ob es sich um derartigen Schrott handelt, sollen sie eine unverbindliche Zolltarifauskunft beim zuständigen Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung diesbezüglich einholen. Werden sowohl Schrott i. S. d. Anlage als auch nicht hiervon erfasster Schrott geliefert, so muss dies bei der Rechnungsstellung berücksichtigt werden. Die jeweiligen Entgelte für die unterschiedlich zu behandelnden Schrottarten sind getrennt auszuweisen. Gebäudereinigung: Das BMF versteht unter Gebäuden nur Baulichkeiten, die fest mit dem Boden verbunden sind, Container und Kioske zählen z. B. nicht hierzu. Ferner grenzt das Schreiben zwischen Leistungen, die als Gebäudereinigung zu qualifizieren sind und solchen, die nicht hierunter fallen, ab. So gelten z. B. die Reinigung von Inventar sowie die Schornsteinreinigung nicht als Gebäudereinigung i. S. dieser Vorschrift. Zuletzt geht das BMF auf die Wirkung der neu eingeführten Bescheinigung für Gebäudereiniger (USt 1 TG) ein. Wird diese vorgelegt, so kann der leistende Unternehmer davon ausgehen, dass sein Kunde Schuldner der Umsatzsteuer ist.

Konsequenzen
 Mag die Neuregelung auch dazu dienen, den Umsatzsteuerbetrug in den betroffenen Branchen einzudämmen, so verkompliziert sie das UStG weiter. Die betroffenen Unternehmen müssen sich mit dem Schreiben auseinandersetzen, um steuerlichen Risiken zu entgehen. Auch ist zu prüfen, ob organisatorisch sichergestellt ist, dass die Vorgaben des BMF berücksichtigt werden. So müssen Schrotthändler z. B. dafür Sorge tragen, dass in den Rechnungen eindeutig zwischen Schrottarten getrennt wird, die zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft führen bzw. solchen, die nicht hiervon betroffen sind.

10. Verpflegung bei Seminaren ist nicht steuerfrei

Kernfrage
 Fortbildungsveranstaltungen sind steuerfrei, sofern sie von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, Volkshochschulen oder Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden. Dies gilt allerdings nur, wenn die Einnahmen aus den Seminaren zur Deckung der Kosten verwendet werden. In der Praxis ist es üblich, die Seminarteilnehmer während des Seminars auch zu verpflegen. Fraglich ist, ob die Verpflegung ebenfalls steuerbefreit ist.

Sachverhalt
 Ein Berufsverband rechnete Fortbildungsveranstaltungen ab und stellte hierfür Umsatzsteuer in Rechnung. Der Preis für die Seminare umfasste die Seminarunterlagen sowie die Verpflegung. Das Finanzamt sah hingegen die Leistung des Berufsverbandes als steuerfrei an. Es versagte daher insoweit den Vorsteuerabzug. Die Umsatzsteuer schuldete der Berufsverband aber weiterhin, da er diesen, nach Ansicht des Finanzamtes, zu Unrecht in den Rechnungen ausgewiesen hatte. Der Berufsverband klagte hiergegen und unterlag vor dem Finanzgericht. Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an die Unterinstanz zurück.

Entscheidung
 Nach Ansicht des BFH ist die Fortbildungsveranstaltung steuerfrei. Demnach ist es unerheblich, dass der Berufsverband Leistungen im Wettbewerb mit anderen Seminaranbietern erbringt, sofern die angebotenen Seminare den Kernbereich der Tätigkeit des Berufsverbandes betreffen. Ebenso reicht es für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung aus, wenn die Einnahmen aus den Seminaren mindestens zur Hälfte die entstehenden Kosten decken. Die Verpflegung ist allerdings nur dann als Nebenleistung zur Fortbildung steuerbefreit, wenn sie unerlässlich ist. Dies sieht der BFH nur ausnahmsweise als gegeben an, z. B. bei der Verpflegung mit kalten oder kleinen Gerichten im Seminarraum bei Ganztagesseminaren.

Konsequenzen
 Hinsichtlich der Steuerbefreiung für Fortbildungsveranstaltungen sind die Ausführungen des BFH zu den hierfür notwendigen Voraussetzungen zu beachten. Sofern die Verpflegung nicht unerlässlich für die Seminarteilnahme ist, wird zukünftig bei der Abrechnung von Seminaren zwischen dem steuerfreien Entgelt für die eigentliche Seminarleistung und dem steuerpflichtigen Entgelt für die Verpflegung zu trennen sein. Die Seminaranbieter können von dem Urteil profitieren, da es den Vorsteuerabzug aus den Verpflegungsleistungen eröffnet und überdies die Möglichkeit besteht, die Umsatzsteuer auf die Seminarteilnehmer abzuwälzen, soweit diese zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

11. Einmal die gesamte Kanzlei beauftragt heißt immer beauftragt?

Kernaussage
 Sozietäten aus Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten konnten auch vor Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetztes im Namen und mit Wirkung für die Sozietät Rechtsberatung anbieten und abrechnen, auch wenn die Leistung "Rechtsberatung" nur von dem Partner erbracht werden kann, der die Anwaltszulassung besitzt. Hat ein Mandant eine Beratersozietät beauftragt, so kommt nach aktuellem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) das im engen zeitlichen Anschluss erteilte Mandat im Zweifel wieder mit der Sozietät zustande.

Sachverhalt
 Die Klägerin ist eine Steuerkanzlei, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert ist. Die Beklagte hatte sich im Jahr 2005 von dieser Kanzlei in Person einer Rechtsanwältin, die dort Gesellschafterin war, mehrfach vertreten lassen. Im Mai 2008 ließ sich die Beklagte in erbrechtlich Fragen erneut von der Rechtsanwältin beraten. Diese schied im Juli 2008 aus der klagenden Kanzlei aus und rechnete das streitige Mandat gegenüber der Beklagten ab, die die Rechnung beglich. Wenige Tage später erteilte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung, die nicht mehr bezahlt wurde. Erst vor dem Bundesgerichtshof hatte die Klägerin mit ihrer Zahlungsklage Erfolg.

Entscheidung
 Der BGH entschied entgegen der Auffassung der Vorinstanzen, dass ein der Klägerin erteilter Rechtsberatungsauftrag nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Gemischte Sozietäten zur gemeinschaftlichen Berufsausübung sind im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse seit langem anerkannt. Die entsprechende Vorschrift der Bundesrechtsanwaltsordnung (§ 59 a BRAO) ist verfassungskonform und mit Blick auf die Zwecke des gesetzlichen Berufsrechts dahin auszulegen, dass der Gesetzgeber den Weg zum Abschluss und zur Erfüllung anwaltlicher Mandate durch die gemischte Sozietät frei gemacht hat, sofern diese rechtsfähig sind. Lediglich die tatsächliche Erbringung dieser Dienstleistungen bleibt den Rechtsanwälten vorbehalten.

Konsequenz
 Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz ist am 1.7.2008 in Kraft getreten hat das Rechtsberatungsgesetz abgelöst. Mit dem vorliegenden Urteil ist eine Abkehr von der bisherigen restriktiven Rechtsprechung, wonach der Rechtsberatungsvertrag wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei, zugunsten größerer Vertrags- und Koalitionsfreiheit der Sozietäten zu verzeichnen.

12. Portfolioverwaltung - EuGH entscheidet über Steuerbefreiung

Kernaussage
 Die Verwaltung des Wertpapiervermögens für einzelne Anleger durch Banken oder private Vermögensverwalter (individuelle Portfolioverwaltung) unterliegt nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung der Umsatzsteuer. Dagegen ist die Beteiligung an Wertpapierfonds steuerbefreit.

Sachverhalt
 Die Klägerin, eine Bank, erbrachte 2008 sowohl selbst, als auch über Tochtergesellschaften, Leistungen an Privatkunden (Anleger). Die Anleger beauftragten die Klägerin, Wertpapiere unter Berücksichtigung der vorher ausgewählten Strategievariante nach eigenem Ermessen und ohne vorherige Einholung einer Weisung des Anlegers zu verwalten sowie alle Maßnahmen zu treffen, die bei der Verwaltung des Wertpapiervermögens zweckmäßig erschienen. Die Klägerin war berechtigt, über die Vermögenswerte (Wertpapiere) im Namen und für Rechnung des Anlegers zu verfügen. Als Vergütung hatte der Anleger pro Jahr eine sog. Teilpauschalvergütung. Die Anleger hatten das Recht, den Auftrag jederzeit mit sofortiger Wirkung zu beenden. Bei Abgabe ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für Mai 2008 wies die Klägerin das beklagten Finanzamt darauf hin, dass sie davon ausgehe, dass ihre Leistungen bei der Vermögensverwaltung mit Wertpapieren steuerfrei bzw. nicht steuerbar seien (§ 4 Nr. 8 UStG, § 3a Abs. 4 Nr. 6 a) UStG). Der Beklagte folgte dem nicht, das Finanzgericht Hessen korrigierte diese Ansicht; schließlich legte der Bundesfinanzhof die Sache dem EuGH vor.

Entscheidung
 Der BFH zweifelt, ob es unter Wettbewerbsgesichtspunkten zulässig ist, die individuelle Portfolioverwaltung zu besteuern, während die Beteiligung an Wertpapierfonds steuerbefreit ist. Die Entscheidung der Frage durch den EuGH steht noch aus.

Konsequenz
 Die Entscheidung des EuGH hat zunächst Bedeutung für Banken und private Vermögensverwalter. Diese sollten im Regelfall gegen Veranlagungen vorgehen, die eine Steuerpflicht der fraglichen Umsätze vorsehen. Unter Berufung auf das beim EuGH anhängig Verfahren kann das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Bejaht der EuGH die Steuerbefreiung, so können ggf. auch die Anleger von dieser Entscheidung profitieren. Je nach Ausgestaltung der zivilrechtlichen Preisvereinbarung kann sich für diese ein Rückforderungsanspruch für die ihnen gegenüber abgerechnete Umsatzsteuer ergeben.

13. Rückzahlung von Weiterbildungskosten

Rechtslage
 Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für Weiterbildungsmaßnahmen eines Arbeitnehmers, vereinbaren die Parteien regelmäßig die Rückzahlung solcher Weiterbildungskosten für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis während oder in einem bestimmten Zeitrahmen nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme endet. Für die Zulässigkeit solcher Rückzahlungsvereinbarungen haben die Arbeitsgerichte Rahmenbedingungen abgesteckt, die die Zulässigkeit an die Dauer und die Kosten der Fortbildungsmaßnahme und den Zeitraum der Bindung koppeln. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat über diese Zulässigkeitsparameter in einer jüngeren Entscheidung geurteilt.

Sachverhalt
 Der klagende Arbeitgeber hatte für einen Mitarbeiter die Kosten eines Aufbaustudiums übernommen und sich verpflichtet, den Mitarbeiter unter Fortzahlung seiner Vergütung für die insgesamt 3 Studienblöcke freizustellen. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien die Rückzahlung der Weiterbildungskosten für den Fall, dass der Mitarbeiter auf eigenen Wunsch vor Ablauf der Fortbildungsmaßnahme das Arbeitsverhältnis beenden würde. Der Mitarbeiter absolvierte 2 Studienblöcke, kündigte sein Anstellungsverhältnis und brach die Fortbildung ab. Der auf Rückzahlung der Fortbildungskosten klagende Arbeitgeber obsiegte in allen Instanzen.

Entscheidung
 Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist es zulässig, dass die berufliche Bindung durch die Dauer und die Ausgestaltung der Fortbildungsmaßnahme selber bedingt werde, wenn ein entsprechender beruflicher Vorteil in Aussicht steht. Diese Zulässigkeit besteht unabhängig davon, dass Rückzahlungsvereinbarungen nur dann wirksam sind, wenn die berufliche Bindung und der Vorteil aus der Weiterbildung in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Konsequenz
 Der Entscheidung ist zuzustimmen. Sie ergänzt die bisherige Rechtsprechung und stellt klar, dass die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln nicht deshalb gefährdet ist, weil die Dauer einer Fortbildungsmaßnahme bereits zu einer beruflichen Bindung an den Arbeitgeber führt.

14. Keine Eigenbedarfskündigung durch Personenhandelsgesellschaft

Kernaussage
 Personenhandelsgesellschaften können einen Mietvertrag nicht wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter kündigen (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Sachverhalt
 Der Beklagte mietet seit 2001 Wohnraum von der Klägerin, einer GmbH & Co. KG. Kommanditisten und Gesellschafter der persönlich haftenden Gesellschafterin der GmbH & Co. KG (also ihrer Komplementär-GmbH) ist ein Seniorenehepaar. Der Ehemann ist gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Die Klägerin sprach im Jahr 2009 gegenüber dem Beklagten die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus. Die Kündigung wurde damit begründet, dass das Seniorenehepaar die Wohnung selbst benötigen würde. Die Räumungsklage hatte in keiner Instanz Erfolg.

Entscheidung
 Die Eigenbedarfskündigung war nicht wirksam. Einer Personenhandelsgesellschaft kann der Eigenbedarf ihrer Gesellschafter nicht zugerechnet werden. Anders verhält es sich bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die insoweit nicht schlechter zu stellen ist als eine einfache Vermietermehrheit. Ob die Vermieter auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage einen gemeinsamen Zweck verfolgen, hängt häufig vom Zufall ab, so dass eine andere Wertung als willkürlich erscheinen würde. Die Gründung einer Kommanditgesellschaft (KG) oder offenen Handelsgesellschaft (oHG) erfolgt hingegen nicht zufällig, sondern setzt eine umfangreiche organisatorische und rechtsgeschäftliche Tätigkeit voraus. Eine vergleichbare Interessenlage ist daher nicht gegeben. Auch die Teilrechtsfähigkeit der GbR rechtfertigt keine Gleichbehandlung mit anderen Personengesellschaften. Die betrieblich bedingte Notwendigkeit, die Wohnung Mitarbeitern oder Geschäftsführern zur Verfügung zu stellen, begründet nur ein berechtigtes Interesse aber keinen Eigenbedarf.

Konsequenz
 Der BGH grenzt mit dieser Entscheidung den Kreis der von einer Eigenbedarfskündigung begünstigten Personen deutlich ein. Der spätere Eigennutzungswunsch der Gesellschafter ist bereits bei der Rechtsformwahl zu beachten.

15. Gebäudeherstellungsverpflichtung ist keine Gegenleistung für Erbbaurecht

Kernaussage
 Die Verpflichtung zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem inländischen Grundstück unterliegt der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage für die Steuer ist die Gegenleistung. Verpflichtet sich die Veräußererseite zur Errichtung eines Gebäudes, so liegt hierin eine Gegenleistung, die der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen ist.

Sachverhalt
 Die Klägerin ist ein Immobilienfonds, der ein Erbbaurecht an einem unbebautem Grundstück erwarb. Sie war gemäß Erbbaurechtsvertrag berechtigt und verpflichtet, auf dem Erbbaugrundstück eine Wohnanlage nach Maßgabe einer bereits erteilten Baugenehmigung zu errichten. Für die Fertigstellung der Wohnanlage schloss die Klägerin mit einer ihrer Gesellschafterinnen mehrere Geschäftsbesorgungsverträge (u. a. einen Vertrag über die Baubetreuung) ab. Das beklagte Finanzamt sah in dem Erwerb des Erbbaurechts und der Herstellung des Gebäudes einen einheitlichen Erwerbsgegenstand und bezog die Geschäftsbesorgungsverträge in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit ein. Das Finanzgericht schloss sich der Meinung des Finanzamts an, der Bundesfinanzhof gab schließlich der Klägerin Recht.

Entscheidung
 Finanzamt und Finanzgericht hatten zu Unrecht angenommen, dass das von der Klägerin erworbene Erbbaurecht einschließlich des von ihr errichteten Gebäudes ein grunderwerbsteuerrechtlich einheitlicher Erwerbsgegenstand war. Laut Vertrag schuldete aber nicht die Erbbaurechtsgeberin die Bebauung des Grundstücks, vielmehr war die Klägerin selbst zur Errichtung des Gebäudes verpflichtet. Eine Verpflichtung der Veräußererseite zur Gebäudeerrichtung ergab sich auch nicht aus den abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträgen. Die Errichtung des Gebäudes auf dem Erbbaugrundstück war keine Gegenleistung der Klägerin für die Bestellung des Erbbaurechts, sondern kam dieser zugute. Denn die Klägerin hat bei Erlöschen des Erbbaurechts einen Anspruch auf Entschädigung.

Konsequenz
 In der Verpflichtung zur Herstellung eines Gebäudes liegt in der Regel keine Gegenleistung für die Bestellung eines Erbbaurechts.

16. Anforderung an den Ergebnisabführungsvertrag bei ertragsteuerlicher Organschaft

Kernproblem
 Vorteil einer ertragsteuerlichen Organschaft ist insbesondere die Möglichkeit der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten zweier rechtlich selbstständigen Unternehmen für ertragsteuerliche Zwecke. Voraussetzung für dessen steuerliche Anerkennung ist aber u. a. der Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags für eine Mindestdauer von 5 Jahren. Ist die Tochter- bzw. Organgesellschaft eine GmbH, muss der Ergebnisabführungsvertrag zusätzlich eine Verlustübernahmeverpflichtung entsprechend den Vorschriften des Aktiengesetzes (§ 302 AktG) enthalten. Nach ständiger Spruchpraxis des Bundesfinanzhofs (BFH) erstreckt sich das Regelungserfordernis auf § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG sowie auf die Vereinbarung der Verjährungsregelung entsprechend § 302 Abs. 4 AktG.

Sachverhalt
 Die klagende GmbH verpflichtete sich vertraglich, ihren ganzen Gewinn an die Mutterkapitalgesellschaft abzuführen. Außerdem wurde eine Verlustübernahmeverpflichtung "entsprechend den Vorschriften des § 302 Abs. 1 und 3 des AktG" vereinbart. Mangels ausdrücklicher Aufnahme der Verjährungsregel (§ 302 Abs. 4 AktG) vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis nicht zustande gekommen sei. Gestritten wurde letztendlich um die Frage, ob die Vollziehung des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag 2007 auszusetzen ist, weil ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Dies wurde vom Finanzgericht (FG) zunächst bejaht, vom BFH aber schließlich abgelehnt.

Entscheidung
 Der BFH bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, dass sich das Regelungserfordernis der "Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG" zwingend auf § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG und nach Einfügung der Verjährungsbestimmung des § 302 Abs. 4 AktG durch Gesetz vom 15.12.2004 auch auf diesen erstreckt. Lediglich eine Bezugnahme auf Absatz 2 der Vorschrift, der sich mit (für die ertragsteuerliche Organschaft nicht relevanten) Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsverträgen befasst, sei entbehrlich.

Konsequenzen
 Der Beschluss des BFH erging zwar "nur" in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, eine für den Steuerpflichtigen günstigere Auffassung im Hauptsacheverfahren erscheint derzeit aber eher unwahrscheinlich. Zur Vermeidung unliebsamer steuerlicher Folgen ist daher in der Praxis auf eine sorgfältige Formulierung des Ergebnisabführungsvertrags zu achten. Hierfür bietet sich insbesondere eine (dynamische) Vertragsformulierung an, die auf die Anwendung des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung verweist.

17. Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

Einleitung
 Das zwischen Deutschland und Österreich vereinbarte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), dessen vorrangiges Ziel in der Vermeidung der Doppelbesteuerung von grenzüberschreitenden Aktivitäten liegt, ist aufgrund des am 29.12.2010 in Berlin unterzeichneten Revisionsprotokolls geändert worden. Gegenstand der Änderung ist Artikel 26 des DBA, der Bestimmungen über den Austausch steuerlicher Informationen zwischen den beiden Ländern beinhaltet. Hintergrund der Änderung ist die Umsetzung des aktuellen OECD-Standards für Transparenz und effektiven Informationsaustausch, wiedergegeben in Artikel 26 des aktuellen OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen.

Änderung der Informationsaustauschklausel (Artikel 26)
 Nach dem geänderten Artikel 26 des DBA-Österreich sind nunmehr Informationen zu übermitteln, die für die Besteuerung im ersuchenden Staat voraussichtlich erheblich sind. Dies bedeutet für die Praxis, dass Österreich nach dem Inkrafttreten des Revisionsprotokolls auf deutsches Ersuchen hin steuererhebliche Bankinformationen übermitteln muss, ohne dass - wie bislang von der österreichischen Rechtsprechung gefordert - die Voraussetzung der förmlichen Einleitung eines Strafverfahrens in Deutschland erfüllt sein muss. Die konkreten Anforderungen an ein Auskunftsersuchen sind in einer Protokollklausel präzisiert, die Bestandteil des geänderten DBA wird. Die Protokollklausel verweist dabei ergänzend auf die Kommentare der OECD zum OECD-Muster für DBA und zum OECD-Muster für Steuerinformationsaustauschabkommen.

Inkrafttreten
 Das Revisionsprotokoll bedarf der Ratifikation in beiden Ländern, die voraussichtlich zeitnah erfolgen wird. Nach seinem Inkrafttreten wird der erweiterte Informationsaustausch zu Bankinformationen für Steuerjahre bzw. Veranlagungszeiträume anzuwenden sein, die am oder nach dem 1.1.2011 beginnen.

18. Ausgleichspflichtige Unternehmervorteile beim Handelsvertretervertrag

Kernaussage
 Auch bei besonders langlebigen Wirtschaftsgütern, die der Kunde erst nach 20 Jahren austauschen müsste, kann eine Stammkundeneigenschaft anzunehmen sein. Dem Unternehmer können diesbezüglich bei Beendigung des Handelsvertretervertrages ausgleichspflichtige Unternehmervorteile verbleiben.

Sachverhalt
 Die Klägerin war für die Beklagte aufgrund vertraglicher Basis von Juli 1983 bis zur fristlosen Kündigung durch die Beklagten im Mai 2000 als Handelsvertreterin für Industrieböden tätig. Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung lag nicht vor, weshalb das Handelsvertreterverhältnis aufgrund der hilfsweisen ordentlichen Kündigung beendet wurde. Die Klägerin begehrt die Zahlung von Provisionen sowie einen Handelsvertreterausgleich in Höhe von rund 48.000 EUR. Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) gaben der Klage nur hinsichtlich der Provisionsansprüche teilweise statt. Auf die Revision der Klägerin, die auf den Handelsvertreterausgleichsanspruch beschränkt war, hob der Bundesgerichtshof (BGH) das Berufungsurteil auf und wies die Sache an das OLG zurück.

Entscheidung
 Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (§ 89b HGB) ist, dass dieser für den Unternehmer neue Stammkunden geworben hat. Als Stammkunden sind dabei die Kunden anzusehen, die in einem überschaubarer Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden. Auch bei besonders langlebigen Wirtschaftsgütern (hier: Industrieböden mit einer Haltbarkeitsdauer von 25 Jahren) können Stammkunden und Folgeaufträge anzunehmen sein. Dies ist z. B. der Fall bei expandierenden Unternehmen oder bei reinen Reparaturaufträgen, die also über die bloßen Gewährleistungsarbeiten hinausgehen. Der Handelsvertreter muss daher darlegen, welcher Anteil seiner Provisionseinnahmen des letzten Vertragsjahres auf Folgegeschäfte mit von ihm geworbenen Stammkunden entfällt. Der Vortrag der Klägerin wurde diesen Anforderungen gerecht.

Konsequenz
 Das Urteil stärkt die Rechte des Handelsvertreters. Lassen Produkte aufgrund ihrer Zweckbestimmung oder Langlebigkeit in der Regel nur eine einmalige Anschaffung erwarten, ist der Ausgleichsanspruch dennoch nicht von vornherein ausgeschlossen.

19. Board of directors-Mitglieder sind nicht versicherungsfrei

Kernaussage
 Die für die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht geltenden Ausnahmebestimmungen zur Befreiung von der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung finden auf Mitglieder des board of directors einer US-Kapitalgesellschaft keine entsprechende Anwendung.

Sachverhalt
 Die Kläger sind Mitglieder des board of directors der Fastfoodkette McDonald´s, die als Kapitalgesellschaft nach dem Recht des Staates Delaware/USA mit Zweigniederlassung in München organisiert ist. Die beklagte AOK zog die Kläger zur Zahlung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung heran. Die Kläger machten geltend, dass Vorstandsmitglieder deutscher Aktiengesellschaften wegen ihrer hohen Einkommen und ihrer faktischen Entscheidungsfreiheit in der Sozialversicherung wie selbstständige Unternehmer behandelt werden und daher nicht versicherungspflichtig seien. Eine Versicherungsfreiheit sei daher für sie ebenso begründet. Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Entscheidung
 Die Kläger haben keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 4 SGB VI und § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III); die gesetzlichen Vorschriften finden nur auf Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht Anwendung. Eine Äquivalenzregel zu diesen Ausnahmevorschriften ist nicht existent. Eine Tatbestandsgleichbehandlung kann auch nicht aus dem Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 29.10.1954 gemäß dem Gebot der Inländerbehandlung hergeleitet werden. Ferner ist die Niederlassungsfreiheit des Vertrages über die Arbeitsweise der EU auf Gesellschaften aus Drittstaaten nicht anwendbar.

Konsequenz
 Ausgehend von einem Einkommen der Vorstandsmitglieder über der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 66.000 EUR jährlich führt die Versicherungspflicht zu einem Jahresbeitrag für die Renten- und Arbeitslosenversicherung von insgesamt 15.114 EUR, die für jedes Mitglied des board of directors zu zahlen sind.

20. Missbrauch von Bonuspunkten rechtfertigt keine Kündigung

Rechtslage
 Fehlverhalten von Arbeitnehmern, das unmittelbar zu Vermögensschäden beim Arbeitgeber führt, berechtigt den Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Streitig ist regelmäßig, ob eine fristlose Kündigung möglich ist oder ob vorher eine Abmahnung ausgesprochen werden musste. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat in diesem Zusammenhang zum Missbrauch von Bonuspunkte entschieden.

Sachverhalt
 Der klagende Tankstellenmitarbeiter hatte Umsätze von Kunden, die keine Bonuskarte bei dem Tankstellenunternehmen hatten, in mehreren Fällen (insgesamt 230 EUR) der Bonuskarte eines Kollegen gutgeschrieben, wobei die Bonuspunkte auf Dritte übertragbar waren. Der beklagte Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos und unterlag im anschließenden Kündigungsschutzprozess.

Entscheidung
 Arbeits- und Landesarbeitsgericht urteilten, dass zwar eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorgelegen habe, denn das Bonusprogramm war für jeden Mitarbeiter erkennbar darauf ausgerichtet, Kunden zu binden und nur hierfür die Umsätze gutzuschreiben. Allerdings wäre eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen; ferner konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass er den Angestellten die Eigennutzung untersagt hatte. Denn die Abmahnung wäre vor dem Hintergrund, dass die Bonuspunkt übertrag waren, geeignet gewesen, das Fehlverhalten zu vermeiden. In Ermangelung eines ausdrücklichen Verbotes konnte beim Mitarbeiter der Eindruck entstehen, eine Übertragung in kleinem Umfang sei zulässig.

Konsequenz
 In der Sache erscheint die Entscheidung zutreffend. Nur das ausdrückliche Verbot führt zu ausreichender Klarheit und damit zur unmittelbaren Kündigungsmöglichkeit. Allerdings überrascht die Begründung, weil sie auch so verstanden werden könnte, dass kleineres Fehlverhalten noch nicht einmal abmahnfähig wäre.

21. Teilzeitbeschäftigte müssen nicht zwingend nachmittags arbeiten

Kernfrage
 Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, der in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens unter mehr oder weniger strengen Voraussetzungen gewährt werden muss. Eine Ablehnung muss jedenfalls auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt sein. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte über das Teilzeitbeschäftigungsverlangen eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der aus privaten Gründen zudem nicht mehr in dem im Betrieb üblichen Schichtdienst eingesetzt werden wollte, sondern eine ausschließliche Beschäftigung in der Frühschicht verlangte.

Sachverhalt
 Der klagende Arbeitnehmer verlangte mit sofortiger Wirkung aus privaten Gründen in Teilzeit, und zwar nur in der Frühschicht an 3 Tagen in der Woche, eingesetzt zu werden. Dieses Verlangen wies der beklagte Arbeitgeber mit der Begründung zurück, alle Arbeitnehmer müssten in dem im Betrieb geltenden Zweischichtdienst eingesetzt werden können. Der Arbeitgeber unterlag schließlich vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung
 Das Gericht urteilte, dass der Arbeitnehmer zwar keinen Anspruch habe, sofort in Teilzeit eingesetzt zu werden, weil eine dreimonatige Anzeigefrist gelte. Dies mache aber nicht das Verlangen insgesamt unwirksam, sondern verschiebe lediglich den Beginn der Teilzeit um die einzuhaltende Antragsfrist. In der Sache selbst hatte der Arbeitgeber keinen Erfolg, weil er nicht darlegen konnte, dass ein ausschließlicher Einsatz in einer Schicht weder durch eine zumutbare Änderung der Betriebsabläufe, noch durch den Einsatz einer in der anderen Schicht tätigen Ersatzkraft ermöglicht werden konnte.

Konsequenz
 Die Entscheidung zeigt, welche Anstrengungen der Arbeitgeber unternehmen muss, um Teilzeitarbeit zu ermöglichen. Die bisherige Betriebspraxis stellt jedenfalls keinen Grund dar, der das Teilzeitverlangen verhindern kann.

22. Bezeichnung des Arbeitgebers als Nazi rechtfertigt fristlose Kündigung

Rechtslage
 Beleidigt ein Arbeitnehmer einen Vorgesetzten oder das Unternehmen, stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Beleidigung so schwerwiegend ist, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Dabei gilt es auch zu beachten, in welcher Branche sich die Beleidigung ereignet. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat in diesem Zusammenhang in einer jüngeren Entscheidung geurteilt, dass der Vergleich des Arbeitgebers mit dem Nationalsozialismus immer eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Sachverhalt
 Der klagende Arbeitnehmer war seit mehr als dreißig Jahren beim Beklagten Arbeitgeber beschäftigt und bereits mehrfach wegen fragwürdiger Vergleiche aufgefallen. So hatte er das hessische Landesarbeitsgericht schon als "korrupt" und "schlimmer als die Kommunisten" bezeichnet. Zuletzt hatte der Kläger in einer Gerichtsverhandlung im Hinblick auf den beklagten Arbeitsgeber geäußert: "Wie der Arbeitgeber mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich". Auf diese Aussage stützte der Beklagte sodann die fristlose Kündigung des Klägers und obsiegte.

Entscheidung
 Mit seiner Äußerung habe der Arbeitnehmer eine so grobe Beleidigung ausgesprochen, so das Gericht, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Beklagten unzumutbar sei. Das Recht auf freie Meinungsäußerung könne hier nicht ins Feld geführt werden. Bei einem Vergleich mit dem nationalsozialistischen Regime komme hinzu, dass damit auch die Verharmlosung eines Terrorregimes und die Verhöhnung dessen Opfer einhergehe.

Konsequenz
 Die Entscheidung wird dahingehend zu verstehen sein, dass ein Vergleich des Arbeitgebers mit dem Nationalsozialismus immer eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Etwas Abweichendes kann gegebenenfalls dann gelten, wenn der Arbeitnehmer sich unmittelbar ernsthaft entschuldigt.

23. Kein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an ausländische Gesellschafter

Kernproblem
 Vergütungen, die ein Gesellschafter von seiner gewerblichen Personengesellschaft erhält, gehören nach nationalem Recht regelmäßig zu den Einkünften aus Gewerbetrieb (sog. Sondervergütungen). Da solche im internationalen Kontext weitgehend unbekannt sind, bereitet die steuerliche Behandlung von grenzüberschreitend gezahlten Sondervergütungen häufig Probleme. Streitig war in der Vergangenheit insbesondere, ob das Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an einen im Ausland ansässigen Gesellschafter abkommensrechtlich dem In- oder Ausland zusteht. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) 2007 zugunsten des Ansässigkeitsstaats des Gesellschafters entschieden. Dieser unliebsamen Entscheidung hat der Gesetzgeber durch die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG entgegenzuwirken versucht.

Sachverhalt
 Der Kläger hatte 2001 seinen Wohnsitz in den USA. Von 1967 bis 1984 war er unstreitig Mitunternehmer einer inländischen GmbH & Co. KG. Im 1984 geschlossenen Aufhebungsvertrag wurde vereinbart, dass der Kläger ab 1.1.2001 eine Pension erhalten sollte. In 1997 wurde die KG mehrfach veräußert und anschließend von einer GmbH übernommen. Nach Auffassung des beklagten Finanzamts waren die von der GmbH geleisteten Pensionszahlungen in 2001 als nachträgliche Sondervergütungen aus der GmbH & Co. KG zu behandeln, deren Besteuerungsrecht in Deutschland liege. Der Kläger obsiegte in allen Instanzen.

Entscheidung
 Der BFH ließ ausdrücklich offen, ob es sich bei den Pensionszahlungen überhaupt um nachträgliche Sondervergütungen handele, da die Zahlungen nunmehr von einer GmbH erfolgten. Selbst bei einer Qualifikation als Sondervergütung stellte der BFH jedoch klar, dass das Besteuerungsrecht für diese Sondervergütungen in den USA liege und verwies zur Begründung auf sein Urteil aus 2007. Des Weiteren führte der BFH aus, dass die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG durch das JStG 2009 hieran nichts ändere. Ungeachtet der grundsätzlich verfassungsrechtlich bedenklichen Rückwirkung der Regelung sowie deren unklaren Tatbestandsmerkmale und Reichweite, sei die Vorschrift auf solche Sondervergütungen, die erst nachträglich gezahlt werden, nicht anwendbar. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift.

Konsequenzen
 Zuletzt in 2010 hatte der BFH entschieden, dass die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG nichts an der bisherigen Rechtslage ändere. Demnach liegt das Besteuerungsrecht für Vergütungen, die ein im Ausland ansässiger Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft z. B. für die Hingabe von Darlehen oder für seine Tätigkeit erhält, grundsätzlich weiterhin (nur) im Ausland. Eine baldige "Nachbesserung" des Gesetzeswortlauts durch den Gesetzgeber ist indes zu befürchten. Inwieweit dies dann ein verfassungsrechtlich bedenklicher Verstoß gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus den Doppelbesteuerungsabkommen ("treaty override") ist, wird wohl vom BFH bzw. vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geklärt werden müssen.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de